MODERN TIMES - MODERNE ZEITEN

Man schreibt die Jahre 1933 bis 36. Charles Spencer Chaplin, der mit der von ihm entwickelten Figur des „TRAMP“ so etwas wie der erste globale Filmstar wird, legt in Hollywood eine Pause ein. Mit den Filmen „Goldrausch“, „The Circus“, „Lichter der Großstadt“ hat er bleibendes geschaffen. Vor kurzem, nämlich seit 1928, hat der Tonfilm weltweit seinen Siegeszug fortgesetzt. Chaplin hadert damit. Er fürchtet den Verlust des Visuellen und der Pantomime, den Verlust der Seele des Filmes; er befürchtet die Dominanz des Wortes.

Charlie Chaplin hat 1929 in den USA den Börsencrash erlebt, nun auf seiner Weltreise trifft er auf andere Auswirkungen der New Economy: Arbeitslosigkeit und Armut. In Berlin erlebt er die Auswirkungen undemokratischer Regimes. Dies sind alles Dinge, die Chaplin tief berühren. Er hat Armut und dessen Begleiterscheinungen wie Alkoholismus selbst als Kind in London erlebt und erlitten. In all seinen Filmen zieht sich dies als ein thematisch roter Faden durch. Chaplin beginnt sich mit wirtschaftlichen Dingen zu beschäftigen, mit Wirtschaftstheorien und aktuellen Gesellschaftsentwürfen. Er ist auf der Suche nach gangbaren Lösungen.

Der erste Titel in MODERN TIMES zeigt es uns: Eine Geschichte industrieller und individueller Abenteuer – Menschheit bzw. Menschlichkeit im Kreuzzug auf der Suche nach Glück. Die Idee für einen neuen Film reift und konkretisiert sich. In Paulette Godard hat er privat und beruflich eine ebenbürtige Partnerin gefunden. Das Paar wird 10 Jahre zusammenbleiben. Mit ihr wird er MODERNE ZEITEN und den GROSSEN DIKTATOR drehen. Der Tramp ist nicht mehr alleine, er wird am Ende auch nicht alleine sein, sondern in jenem berühmten Schlussbild mit einer Partnerin in die Zukunft schreiten, voller Energie und Optimismus. „Smile“ sagt er zu Gamin, und das Orchester intoniert mit „SMILE“ Chaplins wohl bekanntesten Song. Arbeit hat er gefunden, seine eigentliche Bestimmung: Gamin und der Tramp arbeiten mit Erfolg im Varieté, vielleicht der eigentlichen Heimat Chaplins, das er kennenlernte, als er schon als Säugling hinter der Bühne lag, während seine Eltern in den Londoner Musicalhalls als Sänger auftraten.

Günter A. Buchwald